Das Wesen Gottes

In der vorangegangenen Studie sahen wir, dass wir Menschen auf Offenbarungen Gottes angewiesen sind, wollen wir überhaupt etwas von ihm erkennen und dass wir ihn selbst am deutlichsten in seiner Selbst-Offenbarung, der Bibel, erkennen.
Wenn wir uns in der vorliegenden Studie mit dem Wesen Gottes (seine Eigenschaften) befassen, sollten wir von vornherein bedenken, dass unsere menschlichen Begriffe Gott nicht völlig umfassend beschreiben können und dass viele seiner Eigenschaften die Grenzen unseres Fassungsvermögens überschreiten. Das sollte uns nicht weiter verwundern, denn ein Gott, den wir vollständig erfassen könnten, wäre nicht wirklich Gott. Hüten wir uns also davor, Tatsachen über Gott zu verwerfen, nur weil sie nicht unseren Vorstellungen entsprechen.

Sehen wir nun, was die Bibel über Gottes Eigenschaften offenbart. Wir unterscheiden dabei zwischen einzigartigen Eigenschaften (die nur Gott besitzt) und vermittelbaren Eigenschaften (die auch Menschen haben können).

1. Einzigartige Eigenschaften (die nur Gott besitzt)

Selbstexistenz. Seine Existenzgrundlage liegt in ihm selbst. Das heißt nicht, dass er sein eigener Urheber ist, sondern vielmehr, dass er nie entstanden, verursacht oder geschaffen worden ist (2.Mose 3,14; Ps. 36,10; Joh. 5,26).

Allgegenwart. Er ist unbeschränkt in Bezug auf Raum und Zeit. Gott ist jederzeit und überall mit seinem ganzen Wesen gegenwärtig (Ps. 139,7-12). Dies nennt man „Omnipräsenz“.
Kein Mensch kann also vor Gott fliehen oder sich vor ihm verstecken (Jer. 23,23-24; Ps. 139,1-12).

Allmacht. Gott ist fähig, alles zu vollbringen, was seinem Wesen entspricht (Hiob 42,1.2; Mt. 19,26). Dies wird mit „Omnipotenz“ bezeichnet. Es gibt nichts, was für Gott zu schwer wäre. Hinter seinen Versprechungen und Bündnissen steht seine Macht. Wir können sogar für Dinge beten, die uns unmöglich erscheinen (1.Mose 18,14).

Allwissenheit. Er hat unbegrenztes Wissen und unermessliche Einsicht (Ps. 147,4; Hiob 28,20-24). Ihm ist nichts verborgen, und er kann nie etwas herausfinden, was ihm bisher unbekannt gewesen wäre. Gott kennt sogar das Mögliche; er weiß, was wäre, wenn wir eine bestimmte Richtung einschlügen. Er kennt unser gesamtes Leben, ehe wir geboren sind (Ps. 139,16). Gottes Allwissenheit offenbart seine Gnade, in dem er uns vollständig kennt, und uns doch retten und schützen will, trotz unserer sündigen Wege. Weil Gott sich aller Möglichkeiten bewusst ist, weiß er auch, was das Beste für unser Leben ist.

Unendlichkeit. Gott kann mit keinem Maß gemessen werden (1.Kön. 8,27; Apg. 17,24-25). Er ist frei von jeglicher Begrenzung – sowohl räumlich als auch in seinem Wesen. Das bedeutet, dass seine Eigenschaften, wie z.B. Güte und Wahrheit, ebenfalls unbegrenzt sind.

Ewigkeit. Gott existiert ohne Anfang oder Ende. Er überschreitet die Dimension der Zeit. Nach unserem Zeitverständnis erstreckt er sich unbegrenzt nach vorne und nach hinten. Die Bibel drückt das folgendermaßen aus: „von Ewigkeit zu Ewigkeit bist du, Gott“ (Ps. 90,2). Sein Name „ich bin“, mit dem er sich Mose offenbart (2.Mose 3,14), drückt ebenfalls seine ewige Existenz aus.

Unveränderlichkeit. Gott kann sein Tun und Handeln ändern, aber niemals sein eigenes Wesen (Mal. 3,6; Jak. 1,17). Er ist immer der Gleiche in seinen Eigenschaften: „er bleibt treu, denn er kann sich selbst nicht verleugnen“ (2.Tim. 2,13). Gottes Unveränderlichkeit bietet Gläubigen Trost und Gewissheit, dass sich seine Zusagen erfüllen werden: „Sollte er etwas sagen und nicht tun? Sollte er etwas reden und nicht halten?“ (4.Mose 23,19 LÜ).

Souveränität. Gott ist der überlegene, erhabene und selbständige Herrscher des Himmels und der Erde (Ps. 47,8-10; 135,6). Niemand kann ihm etwas vorschreiben. Er regiert alles nach dem Ratschluss seines Willens (Eph. 1,11). Auch menschliche Regierungen (Röm. 13,1) und sogar das Böse (Spr.16,4) sind in seine Pläne eingeschlossen. Alles ist unter seiner Kontrolle.

2. Vermittelbare Eigenschaften (die auch Menschen haben können)

Liebe. Die Bibel sagt klar: „Gott ist Liebe“ (1.Joh. 4,8), aber es ist nicht leicht, Liebe zu definieren. Wir wollen es folgendermaßen versuchen: „Sie ist die aufopfernde und selbstlose Haltung, das Beste für den anderen zu wollen und zu tun.“ Gottes Liebe ist freiwillig und unabhängig von der Gegenliebe sowie von Handlungen des geliebten Gegenstandes. Deshalb sandte Gott seinen Sohn für uns Menschen (Joh. 3,16; Röm. 5,8). Im 1.Korintherbrief (Kap. 13,4-7) finden wir eine wundervolle Beschreibung der Liebe Gottes.

Zorn. Im ersten Moment mag es den Anschein haben, Gottes Zorn widerspreche seiner Liebe. Aber dem ist nicht so, denn Gottes Zorn ist gerecht. Er hat ein heiliges Missfallen an allem Bösen (Röm. 2,5-8; Kol. 3,5-7). Römer 1,18 macht deutlich, dass sein Zorn gegen alle „Gottlosigkeit und Ungerechtigkeit der Menschen“ entbrennt.

Heiligkeit. Heilig bedeutet getrennt von allem Bösen und erfüllt vom Guten und Richtigen. Gott macht seine Heiligkeit besonders im Alten Testament bekannt (3.Mo. 11,44; Ps. 99,9; Jes. 40,25). Absolut gesehen ist niemand heilig außer Gott (Offb. 4,8), dennoch sind auch wir Menschen als seine Geschöpfe berufen, ein heiliges Leben zu führen, welches seinem heiligen Wesen entspricht: „Seid heilig, denn ich bin heilig“ (1.Pt. 1,16). Das ist der unfehlbare Maßstab für das Leben und Verhalten eines Gläubigen: Ist es heilig?

Gerechtigkeit. Von Gott kann nichts Falsches ausgehen, er ist immer unparteiisch und fair. Er handelt in jeder Sache unfehlbar richtig (Ps. 145,17) und wird jeden Menschen nach seinem gerechten Maßstab beurteilen (Ps. 19,9-10; 89,15). Seine Gerechtigkeit verlangt, dass Sünde bestraft wird, aber er ließ seinen Sohn diese Strafe tragen: „die Strafe lag auf ihm zu unserm Frieden“ (Jes. 53,5).
Auch wenn wir ungerecht behandelt werden, können wir zuversichtlich auf die triumphierende Gerechtigkeit des Herrn warten (1.Kor. 4,5). Da Gott gerecht ist, ist es außerdem richtig, dass wir im täglichen Leben und in allen Bereichen für die Gerechtigkeit eintreten.

Wahrhaftigkeit. Gott hält immer und ohne Ausnahme an der Wahrheit fest. In ihm ist keine Falschheit. Er ist wahrhaftig von Grund auf und kann nichts tun, was ihm selbst widerspricht (Röm. 3,4). Er spricht die Wahrheit und meint, was er sagt (4.Mose 23,19). Seine Verheißungen können nie aufgelöst werden oder unerfüllt bleiben und die Bibel, sein Wort, muss irrtumslos wahr sein. Wir können deshalb seinen Versprechen völlig vertrauen (Tit. 1,2).

Güte. Ist es nicht atemraubend, wenn die Bibel verkündet, dass der allmächtige Schöpfer-Gott grundsätzlich gut ist? „Preist den HERRN, denn er ist gut“ (Ps. 106,1)! Wir können Gottes Güte als wohlwollende Fürsorge für seine Geschöpfe umschreiben (Apg. 14,16-17). Er ist voll von Güte, Freundlichkeit und Wohlwollen (Ps. 119,68; 145,8). Seine Herzensgüte ist die Eigenschaft, die die Menschen zur Buße leiten sollte (Röm. 2,4). Auch wenn wir Gottes Wege gewiss nicht immer verstehen, sollten wir seine Güte nicht in Zweifel ziehen.
Es gibt verwandte Eigenschaften Gottes, die verschiedene Aspekte seiner Güte widerspiegeln wie z.B. Barmherzigkeit (Ps. 103,8) und Geduld (2.Pt. 3,9).

Gnade. Gnade ist die unverdiente Gunst Gottes dem Menschen gegenüber, wie sie vor allem in der Person und dem Werk Jesu Christi sichtbar wird. Sie bietet dem Menschen unverdiente und frei geschenkte Rettung an (Eph. 2,8). Gottes Gnade steht selbstverständlich eng mit seiner Liebe in Beziehung und stammt aus ihr.

3. Abschließende Bemerkungen

Gottes Eigenschaften sind die Qualitäten, die sein ganzes Wesen ausmachen. Sie sind charakteristisch für seine Natur, es sind seine essentiellen Wesenszüge. Eine Eigenschaft sollte nicht als ein Teil von Gott gesehen werden, sondern als die Wahrheit über ihn. Das heißt, jede Eigenschaft charakterisiert sein ganzes Wesen. Er wäre nicht länger Gott ohne auch nur eine dieser Eigenschaften. Man sollte keine Eigenschaft höher achten als eine andere. Wenn wir beispielsweise Gottes Liebe betonen, aber seine Gerechtigkeit herunterspielen, machen wir eine Karikatur aus ihm. Nur, wenn wir alle Eigenschaften zusammen als gleichwertig betrachten, haben wir ein ausgeglichenes, der Wahrheit entsprechendes Bild von Gott.

Wenn wir alle Eigenschaften Gottes zusammen betrachten, ergibt sich für den Christen eine beruhigende und mutmachende Wahrheit: Da Gott Liebe ist sowie allmächtig und souverän, entgleitet nichts seiner Kontrolle und dem Gläubigen wird nichts begegnen, was der Allmächtige nicht wüsste und was nicht vorher durch den Filter seiner Liebe gegangen ist. Die Bibel sagt es wie folgt (Röm. 8,28): „Wir wissen aber, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Guten mitwirken, denen, die nach seinem Vorsatz berufen sind“.