Das Problem der Sünde

1. Die biblische Sichtweise der Sünde

Die Bibel teilt uns keine direkte Definition der Sünde mit, aber sie nennt uns eine Reihe von Wörtern, die das Wesen der Sünde beschreiben: „Sünde ist Zielverfehlung, Bosheit, Auflehnung, Übertretung, Irregehen, Schlechtigkeit, Sich-Verirren, Gottlosigkeit, Verbrechen, Gesetzlosigkeit, Vergehen, Unwissenheit und Abfall“ (Charles C. Ryrie: Die Bibel verstehen, Christliche Verlagsgesellschaft, Dillenburg, 1996, S. 246).
All diesen Wörtern liegt ein gemeinsamer Gedanke zugrunde: die fehlende Gleichförmigkeit mit dem Wesen und dem Willen Gottes. Das Wesen der Sünde liegt also darin, dass sie sich gegen Gott, der absolut heilig und getrennt von allem Bösen ist, richtet. Im 51. Psalm bekennt David: „Gegen dich, gegen dich allein habe ich gesündigt und getan, was böse ist in deinen Augen“.
Gäbe es keinen Gott, dann gäbe es auch keine Sünde, denn wir hätten dann keinen vollkommenen Maßstab für das Richtige.

Wenn wir die Lehre der Bibel bezüglich der Sünde betrachten, müssen wir bedenken, dass es nicht nur um böse Taten geht, sondern um die Herzenshaltung des Menschen. In seiner berühmten Bergpredigt lehrt Jesus Folgendes (Mt. 5,21-22): „Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist: Du sollst nicht töten; wer aber töten wird, der wird dem Gericht verfallen sein. Ich aber sage euch, dass jeder, der seinem Bruder zürnt, dem Gericht verfallen sein wird.“ Etwas später sagt Jesus (Mt. 5,27-28): „Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst nicht ehebrechen. Ich aber sage euch, dass jeder, der eine Frau ansieht, sie zu begehren, schon Ehebruch mit ihr begangen hat in seinem Herzen.“
Dieser Maßstab widerspiegelt Gottes heiliges Wesen.
Als Jesus einmal gefragt wurde, welches für ihn das höchste Gebot sei, antwortete er ohne zu zögern (Mt. 22,37-39): „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen und mit deiner ganzen Seele und mit deinem ganzen Verstand. Dies ist das größte und erste Gebot. Das zweite aber ist ihm gleich: Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“
Wenn wir uns diese Aussagen vor Augen führen und uns darüber prüfen, müssen wir dann nicht alle bekennen: Ich habe gesündigt! Oder wollen wir allen ernstes behaupten, wir hätten nie Begierde in unserem Herzen und hätten unseren Nächsten immer so geliebt wie uns selbst? Ganz zu Schweigen von der Frage, ob wir Gott von ganzem Herzen geliebt haben. Wer immer noch nicht von seiner Sünde überzeugt ist, mag sich fragen, ob er immer und ausnahmslos die Wahrheit gesagt hat. Wir könnten diese Fragen noch fortführen, aber eins sollte schon klar geworden sein: Es gibt keinen Menschen, der diese Maßstäbe erfüllt. Und genau das sagt die Bibel (Röm. 3,23): „alle haben gesündigt und erlangen nicht die Herrlichkeit Gottes.“

2. Ursprung und Folgen der Sünde

Wie wir bereits in der vorangegangenen Studie sahen, kam die Sünde in die Welt, als die ersten Menschen, Adam und Eva, vom Baum der Erkenntnis aßen, denn damit übertraten sie Gottes Gebot.
Offensichtlich misstrauten sie Gott und seinen guten Anweisungen für ihr Leben. Sie meinten, er würde ihnen etwas vorenthalten und sie wüssten selbst, was gut und richtig sei.
Nun ist es so, dass Gottes heiliges und gerechtes Wesen eine Bestrafung der Sünde verlangt. Er hatte den Menschen angekündigt, dass sie sterben würden, wenn sie vom erwähnten Baum essen würden. Und genau das passierte auch. Zunächst starben sie geistlich, weil ihre Gemeinschaft mit Gott verloren ging. Später trat dann auch der leibliche Tod ein, was ursprünglich nicht für den Menschen vorgesehen war.
Der Zustand des geistlichen Todes, der Trennung von Gott, ist seitdem das Grundproblem aller Menschen. Das gesamte Wesen des Menschen hat sich dadurch gravierend verändert. Unter anderem ist sein geistliches Verständnis verfinstert (Eph. 4,18) und sein Herz, d.h. sein inneres Wesen, ist trügerisch geworden (Jer. 17,9). Nach der Bibel ist der Mensch in seinem ganzen Wesen verdorben, er ist „von Natur aus ein Kind des Zorns“ (Eph. 2,3).
Wenn der Zustand der geistlichen Trennung von Gott das ganze Leben hindurch anhält, folgt ihm der ewige oder zweite Tod (Offb. 20,11-15), damit ist die ewige Trennung von Gott gemeint.
Jede Sünde hat also gravierende Auswirkungen. Sie bewirkt Trennung von Gott, denn er ist heilig,
und auch menschliche Trennung (Verletzung von Mitmenschen). Alle Sünden (Werke) sind im Himmel aufgezeichnet und bilden die Grundlage für Gottes Gericht (Offb. 20,12).

3. Gott liebt den Sünder und ruft zur Buße

Es zählt zu den erstaunlichsten Wahrheiten der Bibel, dass Gott, der die Sünde hasst, dennoch den Sünder liebt. Im Römerbrief wird diese Tatsache folgendermaßen beschrieben (Röm. 5,8): „Gott aber erweist seine Liebe zu uns darin, dass Christus, als wir noch Sünder waren, für uns gestorben ist.“
Gott hat nie aufgehört seine Geschöpfe zu lieben. Deshalb gab er uns Menschen einen Weg, um uns Vergebung der Sünden und ewiges Leben in seiner Gemeinschaft anzubieten. Dieser Weg führt über seinen Sohn, den Herrn Jesus Christus. Durch ihn will Gott uns zur Umkehr rufen. Jesus selbst sagt es so (Lk. 5,32): „Ich bin nicht gekommen, Gerechte zu rufen, sondern Sünder zur Buße“. Buße im biblischen Sinne bedeutet, dass man sich vom gottlosen Weg der Sünde abwendet, um sich Gott und seinem Heilsangebot durch Jesus Christus zuzuwenden. Und wie es der Satz schon sagt, sind nicht diejenigen gerufen, die sich für gerecht halten (die also meinen, ohne Sünde zu sein), sondern diejenigen, die ihre Schuld vor Gott eingestehen und Sehnsucht nach Änderung haben. Diesen gilt eine wundervolle Verheißung der Bibel (1.Joh. 1,9): „Wenn wir unsere Sünden bekennen, ist er treu und gerecht, dass er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von jeder Ungerechtigkeit“.

Damit wir Menschen uns überhaupt auf den Weg der Umkehr zu Gott begeben, gab Gott uns das Gesetz und das Gewissen. Sein heiliger und gerechter Maßstab, den er uns in seinem Wort offenbart hat, soll dazu dienen, uns von der Sünde zu überführen (Röm. 3,19-20 LÜ): „Wir wissen aber: was das Gesetz sagt, das sagt es denen, die unter dem Gesetz sind, damit allen der Mund gestopft werde und alle Welt vor Gott schuldig sei, weil kein Mensch durch die Werke des Gesetzes vor ihm gerecht sein kann. Denn durch das Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde“.
Aber selbst wenn wir Gottes Gebote nicht schwarz auf weiß vor uns liegen hätten, würde sich immer noch unser Gewissen in unserem Inneren regen und uns Sünde bewusst machen. Es ist sozusagen ein von Gott gegebener „Mitwisser“. Allerdings kann das Gewissen abgestumpft oder an falschen Maßstäben orientiert sein. Deshalb ist es nötig, sich am gerechten und unveränderlichen Maßstab des Wortes Gottes zu messen.
Hat der Mensch Unrecht getan, dann verklagt ihn sein Gewissen, und es macht ihm Vorwürfe.
Manche Sünden hinterlassen für ein ganzes Leben ein Malzeichen im Gewissen des Menschen, sie verfolgen ihn und sind ihm eine Mahnung, bis Gott der Herr den Menschen reinigt und ihm ein unverletztes Gewissen schenkt. Keine eigene Tat kann ein anklagendes Gewissen zur Ruhe bringen. Nur Gott allein kann uns vollständig von einem schlechten Gewissen reinigen, weil er unser Schöpfer und die höchste Instanz im Universum ist (Hebr. 9,14; 10,22).